Gelände und Geschichte des Golfclubs

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Bericht über die 61. dorfgeschichtliche Wanderung

Der Bericht wurde übernommen aus: Treffpunkte, Winter 2023 - Ausgabe 147

Am 23. September 2023 trafen sich knapp über 50 Interessierte um 14.00 Uhr bei freundlichem spätsommerlich-frühherbstlichem Wetter auf der Terrasse des Berliner Golfclub Gatow e. V. zu einer Führung, die von Herrn Neumann, dem ehemaligen Präsidenten und jetzigen Ehrenpräsidenten des Vereins, geleitet wurde. Nachdem an einer Übersichtstafel die Abgrenzung zwischen dem ursprünglichen Gelände der 9-Loch-Anlage und der Erweiterung im Jahr 2001 veranschaulicht worden war, machten wir uns auf einen Rundkurs über den zu dieser Zeit nicht bespielten Platz. Dabei wurden an 8 Stationen unterschiedliche Aspekte (sportliche, ökologische, wirtschaftliche, historische usw.) des Clubs und des Geländes anschaulich dargestellt, wobei es immer auch genügend Zeit gab, die vielfältigen Landschaftsformationen zu genießen.

Die Engländer, die seit dem Kriegsende den Flugplatz „Royal Airforce Gatow“ betrieben, waren ja bekanntlich sehr sportbegeistert, sodass seit 1967 auch mit dem Anlegen eines Golfplatzes begonnen und 1969 die 9-Loch-Anlage in Betrieb genommen wurde. Bereits während dieser „Engländer-Zeit“ konnten Deutsche durchaus Mitglied werden. Was allerdings nicht allgemein bekannt war, sondern eher aufgrund von Empfehlung einzelner Mitglieder zustande kam.

An der ersten Spielbahn wurden einige Merkmale des Spiels und vorhandene Hinweisschilder erläutert sowie – zum allgemeinen Erstaunen - die Funktionsweise eines Golfballwaschautomaten demonstriert, der üblicher Weise an jedem Abschlag vorhanden ist, damit die Bälle bei schlechtem Wetter gereinigt werden können.

Der gegenwärtig rund 1.100 Mitglieder zählende Verein, der viel Wert auf Jugendarbeit legt und deshalb auch mit Grundschulen und dem Gymnasium in Kladow zusammenarbeitet, entspricht mit ca. 30 direkt bzw. indirekt Beschäftigten (Greenkeeper, Golflehrer, Bürokräfte, Servicepersonal am Counter usw.) einem kleinen mittelständischen Unternehmen. Nach dem Olympiagelände in Charlottenburg ist der Golfplatz die zweitgrößte Sportanlage Berlins mit einer Ausdehnung von 68 Hektar, wovon ca. 30 % Spielfläche sind, während der Rest im Wesentlichen naturbelassen ist. Das führt auch dazu, dass auf dem Areal Rehe, Füchse, Dachse, Feldhasen und diverse Greifvögel anzutreffen sind, und unmittelbar im Eingangsbereich des Platzes gibt es eine Aufschüttung, auf deren steil abfallender Rückseite die größte Uferschwalbenkolonie Berlins angesiedelt ist.

Ein besonderes Thema bei der Pflege und Instandhaltung einer so großen Anlage ist das Wassermanagement. Dazu verfügt der Verein über einen Tiefbrunnen zur Entnahme von Grundwasser, das in ein einer großen Teichanlage gespeichert wird, die als Hindernis in eine Spielbahn integriert ist. Das führt natürlich auch dazu, dass in diesem Teich im Laufe der Zeit einige zehntausend Golfbälle versunken sind. Bei Bedarf wird in den Nachtstunden dann über die vorhandenen Rohre Wasser entnommen und über eine computergesteuerte Beregnungsanlage in bestimmten Abschnitten des Golfplatzes verrieselt. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Episode erzählt, wie neben den oben genannten gern gesehenen Tieren anfangs häufig auch Rotten von Wildschweinen die Anlagen heimsuchten und stellenweise arg zurichteten, sodass der Gatower Förster und sein Gehilfe um Unterstützung bei der Bekämpfung der Plage gebeten wurden. So saßen die beiden eines Abends bei bestem Büchsenlicht auf dem Anschlag, als die Rotte erschien und als leider fast gleichzeitig die Beregnungsanlage ansprang und die ganze Aktion dadurch ins Wasser fiel. Die Wildschweinplage fand übrigens erst dann ihr Ende als die gesamte Golfgelände komplett eingezäunt war. Im Zusammenhang mit Thema Wasser wurde auch darauf hingewiesen, dass relativ früh ein Mix aus unterschiedlichen Baumarten auf dem Platz angelegt wurde, der sich trotz des Klimawandels relativ gut entwickelt hat, während die Birken- und Lärchenbestände stark geschädigt sind, so dass Ausgleichspflanzungen erforderlich sind. 

Nach der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 und der Regelung über den Abzug der „Besatzungstruppen“ bis 1994 gingen die Mitglieder des Golfclubs davon aus, dass sie dann eben zukünftig statt auf britischem auf deutschem Militärareal ihren Sport betreiben würden, da der Bund als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches alle militärischen Liegenschaften zurückerhalten würde. Als Berlin dann 1991 durch Parlamentsbeschluss als Regierungssitz festgelegt wurde, war die Existenz des Clubs plötzlich bedroht, denn das Land Berlin forderte den Bund auf, für den Umzug des Regierungspersonals Grund und Boden zur Verfügung zu stellen. Im Flächennutzungsplan war das gesamte Areal des Flughafens Gatow als Sonderbaufläche des Bundes mit hohem Grünanteil ausgewiesen. An entscheidender Stelle der für das Areal zuständigen staatlichen Kommission wurde nun der Golfplatz als Bereich der Sonderbaufläche angesehen, auf dem ca. 1.200 Häuser für Bundesbedienstete errichtet werden sollten, während der Golfclub die Position vertrat, dass ihr Platz als Bereich des hohen Grünanteils anzusehen sei.

Ca. sechs Jahre lang dauerte die Auseinandersetzung um die Zukunft des Clubs, wobei von Seiten des Clubs, vertreten durch Herrn Neumann, alle nur möglichen hochrangigen und evtl. einflussreichen Personen und Institutionen um Unterstützung gebeten wurden. Den Ausschlag für die letztendliche Entscheidung ergab ein Gutachten, in dem die Auswirkungen der Bebauung des Golfplatzes und die Bebauung der Landebahnen untersucht und verglichen wurden, denn zu diesem Zeitpunkt war der Flugplatz bereits entwidmet, d. h. definitiv stillgelegt, worden. Im Endergebnis ist schließlich das Bauvolumen, das auf dem Golfplatz realisiert werden sollte, in der Landstadt Gatow umgesetzt worden. Ein anderes, diesmal sogar weltpolitisches Geschehen führte zu einer weiteren Veränderung für den Golfclub. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA durften die Mitglieder ihren Club aus Sicherheitsgründen nicht mehr über den Haupteingang des Kasernengeländes betreten, so dass der heutige Zugang über den Sparnecker Weg angelegt werden musste.

Den optischen Höhepunkt der Führung bildete der Blick vom „Balkon“ in die ehemalige Kohlengrube, jetzt ein anmutiges grünes Tal, in dem sich ein ca. 12.000 qm großer See windet. Hier ein kurzer Überblick über die Entwicklung dieses Bereichs, in dem die Grube nur einen Abschnitt darstellt: Die Firma Havemeister stieß gegen Ende der 60-er Jahre auf Kiesvorkommen und erhielt die Genehmigung zum Abbau und zur Verfüllung mit Bauschutt. In einem anderen Bereich, der Störfalldeponie des Landes Berlin, gab es ebenfalls Ablagerungen, und zwar u. a. aus dem U-Bahn-Bau. Für den dritten Abschnitt meldete das Land Berlin 1986 ein Sonderinteresse an, weil nach den Erfahrungen mit der Blockade 1948/1949 für den Ernstfall Kohle als Notvorrat eingelagert werden sollte. Es wurde in einem aufwändigen Verfahren eine den Vorschriften entsprechende Deponie angelegt mit entsprechender Absicherung des Grundes. Nachdem die Deponie zu ca. 1/3 gefüllt war, kam die Wende. Damit entfiel die Notwendigkeit einer weiteren Auffüllung, und es wurde schließlich entschieden, die Kohle wieder abzutransportieren und im Kraftwerk Reuter zu verfeuern.

Nachdem der Golfclub die Bebauung abgewendet und das Gelände dem Bund sogar abgekauft hatte, war er zwar Eigentümer einer 9-Loch-Anlage, aber in seiner Existenz langfristig weiterhin bedroht, da im Umland von Berlin inzwischen einige 18-Loch-Anlagen entstanden waren, sodass überlegt wurde, das nicht mehr benutzte bzw. benötigte Deponie-Gelände für eine Erweiterung des Golfplatzes zu nutzen. Eine entsprechende Anfrage bei der Wirtschaftsverwaltung des Senats erfolgte in einem günstigen Moment, standen die Firma Havemeister und die Senatsverwaltung doch im Begriff in ein Gerichtsverfahren einzutreten wg. der zukünftigen Nutzung bzw. Verfüllung der Deponie, wobei der Streitwert ungefähr 30 Millionen betragen haben soll. Dem kleinen Verein, der damals ca. 220 Mitglieder hatte, gelang es tatsächlich, dass der Erweiterung seines Geländes zugestimmt wurde und dass die ehemalige Kohlengrube so zurückgebaut wurde, dass die Sohle um ca. 50 % angehoben, die Wände etwas abgeflacht und bepflanzt sowie in der Mitte ein konturierter See gebildet wurde.

Nach diesem optischen und historischen Höhepunkt kamen wir auf dem Rückweg noch an dem in englischen Zeiten als Rugby-Platz genutzten Gelände vorbei, das vom Club als Kurzplatz mit 6 Spielbahnen hergerichtet wurde, die zum Üben des Feingefühls und als Trainingsplatz für Jugendliche besonders geeignet sind. Auf der 17. und damit vorletzten Spielbahn wurde am Beispiel der Bebauung im sogenannten „Parkviertel“ parallel zur Grundstücksgrenze des Clubs die Einbeziehung des Clubs in das Bebauungsplanverfahren geschildert, um eine Einschränkung des hier schon seit 1969 bestehenden Spielbetriebs zu vermeiden. Aus diesem Grund wurden z. B. leichte Veränderungen im Verlauf der Spielbahn vorgenommen, Abstandsflächen geschaffen, eine angemessene Grenzbepflanzung angelegt und Lärmschutzauflagen für die hier eingesetzten Pflegemaschinen erfüllt.

Nach ca. 2 Stunden kam die Gruppe, angefüllt mit vielfältigen Eindrücken und differenzierten Informationen, wieder am Ausgangspunkt des Rundganges an. Der herzliche Schlussbeifall galt Herrn Neumann, durch dessen Art der Führung über das Gelände die 61. Dorfgeschichtliche Wanderung zu einem ganz besonderen Erlebnis für alle Teilnehmenden geworden ist.

Peter Streubel

Hinweisschilder, Nutzung des Areals - Quelle: Kladower Forum, Archiv Werkstatt Geschichte

Auffüllung der Kohlengrube, 1989 - Quelle: Kladower Forum, Archiv Werkstatt

Golfplatz, Blick auf den See - Quelle: Kladower Forum, Archiv Werkstatt

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